Am 24.04.2019 per E-Mail
Sehr geehrte Frau Hannig, was hätten Sie gegen den NZZ-Artikel einzuwenden?
Mit freundlichen Grüßen
H.S.
Meine Antwort
Sehr geehrter Herr S.,
ich finde den Artikel nicht gut gelungen. Er ist polemisch, belehrend im Ton und von der Quellenlage her veraltet.
Es macht schon stutzig, dass ein emeritierter Professor für allgemeine und germanistische Linguistik zwar einerseits meint, die einzig richtige Meinung zu vertreten, andererseits aber abfällig über seine aktuell noch arbeitenden Kolleginnen und Kollegen spricht, indem er sie als – sofern sie sich für Geschlechtergerechtigkeit einsetzen – „wissentschaftlich wenig ernstzunehmend“ betrachtet (…Die Vorschläge für eine solche neue Sprache kommen ebenso wenig aus der wissenschaftlich ernstzunehmenden Linguistik wie die Auswahl der (Un-)Wörter des Jahres….)
Und seine einzige andere wissenschaftliche Quelle (abgesehen von sich selbst natürlich!) ist der Linguist Roman Jakobson, der
- Russe ist – und sich (laut Werkübersicht nie mit der deutschen Sprache befasst hat)
- sich nie mit geschlechtergerechter Sprache befasst hat
- seit über 30 Jahren tot ist
Wenn wir davon ausgehen, dass Sprache eine lebendige Form der Kultur und stets im Wandel begriffen ist, wüsste ich nicht, wie Josef Bayer einen noch schlechter geeigneten Vertreter seiner Zunft hätte wählen können. Es scheint eher so, als habe sich Herr Bayer vor mindestens 30 Jahren seine Meinung gebildet und seitdem keine neuen Gedanken mehr zugelassen.
Mit freundlichen Grüßen
Theresa Hannig
29.04.2019