Vom 8. Mai bis zum 21. Mai riefen wir die stimmberechtigen (stimmberechtigt ist, wer mindestens 200 Artikelbearbeitungen vorweisen kann, davon mindestens 50 in den letzten 12 Monaten) Wikipedianer*innen dazu auf, über folgenden Vorschlag abzustimmen:
Vorschlag: Listenartikel, die Männer und Frauen beinhalten, sollen nach Geschlecht sortierbar sein und im Lemma beide Endungen beinhalten (Beispiel: Liste von Astronautinnen und Astronauten)
https://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia:Meinungsbilder/Nennung_des_Geschlechts_in_Personenlisten
Das Ergebnis scheint eindeutig:
159 von 244 Wikipedianer*innen stimmten formal gegen das Meinungsbild. (85 dafür, 14 enthielten sich)
182 von 221 Wikipedianer*innen stimmten inhaltlich gegen das Meinungsbild. (39 dafür, 24 enthielten sich)
Damit ist das Meinungsbild auf jeden Fall gescheitert und unser Vorschlag nicht angenommen. Es bleibt der Status Quo erhalten.
Ich bedaure das sehr, denn aufgrund der Art und Weise wie über dieses und unser zweites Meinungsbild diskutiert wird, wird man das Gefühl nicht los, dass hier nicht aufgrund einer Sache abgestimmt wurde, sondern aufgrund der Personen, die diese Sache zur Sprache gebracht haben.
Dies spiegeln auch einige „formale“ Ablehungsgründe:
- „…Das hier ist keine generelle Frage zur Arbeit in der WP, sondern eine Kampfabstimmung zur schleichenden Einführung des – hier unerwünschten – Gendersprechs.“
- „Keine Initiative aus der Community heraus, daher unzulässig“
- „Dieses MB dient nur der Stimmungsmache außerhalb der Wikipedia und nicht dem Projekt selbst.“
- „Ich bin strikt dagegen, dass Externe meinen, unserem Projekt die Regeln vorschreiben zu können.“
- „Initiative von aussen ist unzulässig; der genannte Initiator scheint ein Strohmann zu sein.“
- „Schwachfug.“
- „Der Genderscheiß nervt seit Jahren …“
- „grober Unfug“
- „Eine Lösung auf der Suche nach einem Problem.“
- „ich spring nicht über jedes Stöckchen, das eine Fraktion zum Mammutbaum schlechthin erklärt“
- „Quatsch von draußen eingeschleppt“
…..
Dies waren einige der „formalen“ Ablehungsgründe. Ich muss akzeptieren, dass das Meinungsbild abgelehnt wurde, aber ich wundere mich sehr darüber, dass einige der Wikipedianer*innen, die in den Diskussionen immer stark auf die Einhaltung der WP-Richtlinien gepocht haben und uns Initiator*innen mangelnde Kenntnis der WP-Strukturen und WP-Verfahren vorgeworfen haben, sich selber nicht an ihre demokratische Prinzipien halten. Denn meines Erachtens haben „formale Ablehnungsgründe“ etwas mit dem regelkonformen Zustandekommen der Abstimmung zu tun und nichts damit, inhaltlich nicht einverstanden zu sein.
Der Vorwurf, die Idee zum Meinungsbild sei „von außen“ gekommen, stützt sich auf eine Grenzziehung, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Die Wikipedia steht allen Menschen offen. Jeder darf sich beteiligen und es gibt keine Zulassungsschranke, ab der man zum „inneren“ Bereich der Wikipedia gehört und ab der man ein Meinungsbild berechtigterweise initiieren kann. Abstimmen können nur altgediente Wikipedianer*innen. Das ist auch völlig richtig, weil so diejenigen abstimmen, die bisher am meisten mit der Wikipedia zu tun hatten. Obwohl diese Abstimmungshürde die Community also sowieso vor übereilten Handlungen/Regeln schützt, wird allein der Versuch, etwas zu ändern als „Stimmungsmache“ oder „Kampfabstimmung“ oder „Regeln vorschreiben“ diffamiert.
Zur Erinnerung: Es ging in diesem Meinungsbild nur darum, dass Listen, die sowohl Männer als auch Frauen beinhalten, künftig auch so benannt werden. Denn bisher und nach wie vor ist es so, dass eine Liste, die 100 Frauen und 1 Mann enthält, trotzdem den männlichen Bezeichner trägt, also z.B. „Liste von Lyrikern“ anstatt „Liste von Lyrikerinnen und Lyrikern“
Im Augenblick läuft noch die Abstimmung über unser zweites Meinungsbild, das insgesamt 3 Vorschläge zum Erlauben geschlechtergerechter Sprache beinhaltet. Damit ist dann unser Projekt #wikifueralle fürs Erste abgeschlossen. Ich werde im Anschluss an die Abstimmung noch einmal darüber berichten.
Außerdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich von Wikimedia Deutschland zum „Tag des freien Wissens“ am 15. Juni 2019 nach Berlin eingeladen wurde. Dort werde ich die Gelegenheit wahrnehmen, um in Ruhe und im persönlichen Gespräch über #wikifueralle und die aktuellen Probleme der Wikipedia (und mögliche Lösungsansätze) zu sprechen.
2 Gedanken zu „Das erste #wikifueralle Meinungsbild scheitert“