Es ist Montag, 11 Uhr vormittags. Alle Büroarbeiten sind erledigt, alles halbwegs Wichtige abgearbeitet, ein bisschen Social Media und Arbeitsvermeidung habe ich auch schon hinter mir und siehe da: Es ist wieder Zeit zu schreiben. Toll!
Selten höre ich, dass sich andere Leute so über Montagmorgen freuen, wie ich Aber mei, es kann halt nicht jeder den besten Job der Welt haben. Immerhin habe ich mittlerweile aufgehört, ein schlechtes Gewissen zu haben, dass ICH den besten Job der Welt habe, und die anderen nicht… naja… egal. Der Grund warum ich hier schreibe, ist ein anderer:
Ich bin immerhin dabei, meinen dritten Roman zu schreiben und da er – wie schon einmal erwähnt – etwas persönlicher ist, als die Vorangegangenen, habe ich immer wieder mit Problemen zu kämpfen, die es vorher nicht gab.
Das erste große Problem ist die Perspektive.
Ich hatte geglaubt, es sei zweckdienlich, die ganze Geschichte in der Ersten Person, also der Ichform zu schreiben. So hatte das Ganze einen sehr persönlichen Touch, die Gedanken und Handlungen der Hauptperson waren sehr nah und unmittelbar nachvollziehbar. Aber gleichzeitig schien die Sprache darunter zu leiden. Ich bemerkte, dass ich in der Ichform eine Art Schnodderigkeit an den Tag legte, die ich in den vorherigen Romanen nicht hatte, und die mir beim Lesen nicht gefiel. Da werden dann Worte wie „jedenfalls“ und „eigentlich“ und „irgendwie“ eingestreut und beim Lesen wähnt man sich in einem Tagebuch oder einem „Memo an mich selbst“, nicht aber in einem lesenswerten Roman. Natürlich habe ich zuerst versucht, diese geistigen Füllwörter herauszulassen und solider/seriöser zu schreiben, aber dann entfernte ich mich immer weiter von meiner Hauptfigur, sodass die Ichform irgendwie keinen Sinn mehr machte.
Zudem war es mir bei der Ichform nahezu unmöglich, zwischen Hauptperson, Erzähler und Autor zu unterscheiden… geht das überhaupt?
Also habe ich mich schweren Herzens entschlossen, das Ganze doch wie gehabt aus der Dritten Person zu erzählen.
Danach war es erstaunlich schwierig, den bereits geschriebenen Text umzuarbeiten, weil sich einige Ausdrücke und Formulierungen partout der Dritten Person verweigern. Besonders fällt das auf, wenn man im beiläufigen Erzählton das „Wir“ verwendet hat. Ich habe bisher etwa 40 Seiten geschrieben und ich fürchte sehr, dass ich sie am Ende noch einmal komplett neu schreiben werden muss… aber erst, wenn der Rest fertig ist, sonst verliere ich gleich den Mut und die Lust.
Heute muss die Story erst mal ein bisschen vorangetrieben werden. Es tut nicht gut, wenn man im Gedanken an die Geschichte immer in derselben Szene festhängt, auf die man eigentlich keine Lust hat. Früher habe ich mir dann immer irgendwelche Exits überlegt, wie man möglichst realistisch und Zeitnah (in-time) aus der Situation herauskommt.
Mittlerweile tendiere ich zu einer neuen Strategie: Punkt, Absatz und einfach einen neuen Zeitabschnitt einläuten.
Es wird sich ja hoffentlich kein Leser darüber beschweren, dass er der Hauptfigur noch gerne länger dabei zugesehen hätte, lustlos an die Wand zu starren.
Das zweite Problem ist die Menge an Ideen
Ein zweites Problem tat sich auf und ich bin mir noch nicht sicher, wie ich das lösen werde: Es gibt einfach zu viel Stoff! Wenn ich mit Freunden/Bekannten über das Schreiben spreche, fragen sie mich manchmal, ob ich noch Ideen hätte und woher ich die nehmen würde. Ich kann dann immer nur mit den Schultern zucken und sagen: Ideen sind genug da. Aber man kann nicht alle Ideen in eine Geschichte packen.
Zurzeit versuche ich das Profil meiner Hauptfigur zu schärfen – auch ein anständiger Name ist noch nicht in Sicht; der, den ich im Augenblick benutze, fühlt ziemlich provisorisch an – und erzähle zu diesem Zweck aus der Vergangenheit und dem Seelenleben meiner Figur. Doch je mehr ich erzähle, und je interessanter ich sie mache, desto weniger eignet sie sich für den eigentlichen Plot. Denn der „Skandal“ meines Romans liegt eben nicht in der Vergangenheit meiner Figur, sondern in der Gegenwart.
Deshalb ist es unvermeidlich, die ganzen Ideen und Konzepte für meine Ada (na wie ist der Name?) über Bord zu werfen, oder sie behutsam in ein anderes Universum zu verpflanzen, dessen Kultivierung ich mich im nächsten Buch widmen werde.
Die Heldin des jetzigen Romans muss „uninteressanter“, also seelisch weniger angreifbar sein, um die Geschehnisse des Plots zu überstehen. Immerhin ziehe ich so für diesen Roman noch nicht ganz blank, sondern lasse noch ein bisschen was für den vierten Roman übrig. Hat doch auch was für sich!