Der Tag des Freien Wissens in Berlin – ein Bericht

Anlässlich des 15. Geburtstags der Wikimedia Deutschland – Gesellschaft zur Förderung Freien Wissens e. V. veranstaltete diese am 15.6.2019 den Tag des Freien Wissens in Berlin. Lukas Metzger, der Vorsitzende des Präsidiums, hatte mich eingeladen, an diesem Tag über unser Projekt #wikifueralle zu sprechen und natürlich habe ich diese Einladung gerne angenommen.

Das Ganze fand in Form einer Podiumsdiskussion statt, an der außer mir Andreas Paul (langjähriger Wikipedianer und Begründer des Wikipedianischen Salons), Kilian Kluge (Beisitzer des Wikimedia-Präsidiums) und Maria Heuschkel (Projektassistenz im Wikimedia Team für Ideenförderung) beteiligt waren. Der Titel der Diskussion lautete: „Wikipedia, wie regeln wir das? Ein Gespräch über Diskussionskultur und #wikifueralle“

Und genau so ging es bei dem Gespräch nicht nur um unser Projekt #wikifueralle, sondern um die generellen Probleme der Community und der Art und Weise wie Diskussionen geführt und Entscheidungen getroffen wurden.

Das Video der Podiumsdiskussion gibt es hier.

Die ganze Diskussionsatmosphäre war sehr freundschaftlich und konstruktiv; kein Vergleich zu den teils hitzigen, teils ausfälligen Kommentaren in der Wikipedia-Diskussion. Ich hatte den Eindruck, dass meine Gesprächspartner*innen und auch die Menschen im Publikum den Ideen und Vorschlägen von #wikifueralle allgemein positiv gegenüberstehen.

 

Bereits am 14. April hatte John Weitzmann, Leiter des Referats Politik und Recht der Wikimedia, in einer Diskussion zum Thema #wikifueralle folgendes geschrieben:
was die Frage generisches Maskulinum vs. Alternativen angeht, hat WMDE seit fast sechs Jahren eine klare Haltung: In der Außenkommunikation soll nach Möglichkeit generisches Neutrum verwendet werden (z.B. „Mitarbeitende“) und wo ein solches nicht existiert dann Doppelnennung erfolgen mit der weiblichen Form zuerst. Dieser Ansatz geschlechtersensibler Sprache wird weitestgehend eingehalten und hat sich in der Praxis bewährt, führt nur zu wenig Textverlängerung und unterlässt Kunstgriffe, die von manchen als Entstellung der Schriftsprache angesehen werden.
Meiner persönlichen Meinung nach wäre er auch gut als einheitliche Regel für die DE:WP geeignet. Dass eine gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen ohne eine sprachliche nicht gelingen kann, sollte inzwischen allen klar sein. Da dann am generischen Maskulinum festzuhalten mit dem Argument, dass es aber doch alle meine, ist m. E. ein verlorener Posten. Selbst wenn das mal so gewesen sein sollte (woran ich große Zweifel anmelden würde), hat sich die Sprachbenutzung bereits verändert, was die WP als Projekt zwangsläufig betrifft. Es stünde dem Projekt aus meiner Sicht gut an, hier die eigene Mitverantwortung für die sprachliche Gleichstellung anzuerkennen und gemäßigt progressiv zu sein. Eine politisch gänzlich neutrale Verhaltensweise gibt es ohnehin nicht.“

 

Im Vorfeld hatte ich damit gerechnet, auch einigen Vertreter*innen der Gegenseite persönlich zu begegnen, doch dem war nicht so. Tatsächlich war am Tag des Freien Wissens außer mir niemand vor Ort, der sonst federführend an der Diskussion beteiligt gewesen ist – oder zumindest hat sich mir gegenüber niemand zu erkennen gegeben. Das ist einerseits bedauerlich, denn ich hätte gerne die echten Menschen hinter den Usernamen kennengelernt. Andererseits hat es mir gezeigt, dass die Wikipedia viel mehr zu bieten hat und aus viel mehr engagierten Leuten besteht, als die recht überschaubare Gruppe, die ich in den #wikifueralle Diskussionen kennengelernt habe.

Tatsächlich waren alle Leute, die ich am Tag des Freien Wissens getroffen habe, extrem nett, engagiert, höflich und aufgeschlossen.

An dieser Stelle muss ich darauf hinweisen, dass die Wikimedia nicht gleichzusetzen ist mit der Wikipedia! Die Wikimedia ist ein gemeinnütziger Verein, der die Infrastruktur für die Wikipedia (Server, Räumlichkeiten, Neuprogrammierungen, etc.) zur Verfügung stellt und darüber hinaus andere Projekte des freien Wissens unterstützt. Organisatorisch und inhaltlich nimmt die Wikimedia keinen Einfluss auf die Wikipedia.
Die Inhalte der Wikipedia werden unabhängig von der Wikimedia, von ehrenamtlichen Wikipedianer*innen erstellt und gepflegt. Wikipedianer*in kann werden, wer sich hier einen Account anlegt.

Aber da sich, wer immer auch möchte, einen Wikipedia-Account anlegen kann, gibt es auch viele Überschneidungen und einzelne Mitglieder der Wikimedia können durchaus engagierte Wikipedianer*innen sein. So waren auch viele der Menschen, die zum Tag des Freien Wissens kamen, gleichzeitig Wikipedianer*innen und Wikimedianer*innen.

Und von ebendiesen Menschen spreche ich! Tolle Leute sind das; witzige, intelligente, tolerante und engagierte Leute, denen die Idee des Freien Wissens viel bedeutet und die einen Großteil ihrer Freizeit investieren, um die Wikipedia jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Sie sind auch dafür verantwortlich, dass ich trotz all der Diskussionen und Anstrengungen der letzten Monate wieder mehr Lust darauf bekommen habe, an der Wikipedia mitzuarbeiten. Denn auch wenn es in den Online-Diskussionen manchmal heiß hergeht und sich einige Leute im Ton vergreifen, so handelt es sich dabei nicht um die Mehrheit der Wikipedianer*innen! Es ist wie in anderen Sozialen Netzwerken auch: wer am lautesten schreit, wird am meisten beachtet, doch heißt das noch lange nicht, dass er*sie auch repräsentativ für die Community ist.

Ich denke nach wie vor, dass die Wikipedia einige strukturelle Probleme hat und diese besser heute als morgen gelöst werden sollten. Aber ich freue mich auch darüber, dass es trotz aller Probleme tausende großartige Menschen gibt, die die Wikipedia Tag für Tag erweitern und pflegen.

Diesen Menschen möchte ich meinen ausdrücklichen Dank aussprechen!

In diesem Sinne: Macht mit bei der Wikipedia! Engagiert euch! Wikifueralle!

 

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